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Akupunktur in der Schwangerschaft – Wofür oder wogegen?

Eine Akupunktur in der Schwangerschaft und rund um die Geburt kann in vieler Hinsicht hilfreich sein. So lassen sich typische Erkrankungen wie Schwangerschaftsübelkeit und -erbrechen, schwangerschaftsinduzierte Wassereinlagerungen und Bluthochdruck (EPH-Gestose) sowie Fehllage des Fetus mit Akupunktur behandeln oder positiv beeinflussen. Des weiteren gibt die Akupunktur der Schwangeren Kraft und Energie, stärkt die Abwehr, wirkt emotional stabilisierend und schlaffördernd. Ab der 36. Schwangerschaftswoche kann geburtsvorbereitend und ab dem errechneten Termin geburtseinleitend sowie unter der Geburt schmerzerleichternd akupunktiert werden. Die Akupunktur kann als Nadel- oder als Laserakupunktur erfolgen.

Schwangerschaftsübelkeit und Erbrechen

Oft kommt es in den ersten 3 Schwangerschaftsmonaten zu Übelkeit, Erbrechen und Abneigung gegen bestimmte Nahrungsmittel, manchmal dauert dieser Zustand sogar über die ersten 3 Monate hinaus. Verstärkt werden die Symptome durch seelische Belastungen. Bei leichter Übelkeit können diätetische Maßnahmen helfen. Bei schwereren Fällen oder Erbrechen kann Akupunktur hilfreich sein. Sollte es allerdings zu einer Austrocknung oder Verschiebung des Mineralstoffhaushalts kommen, ist eine Infusionstherapie angezeigt. Aus Sicht der chinesischen Medizin sind 3 verschiedene Syndrome ursächlich verantwortlich für diese Erkrankungen: So kann zum Beispiel erstens ein Milz- und Magen-Qi (Qi=Lebensenergie) oder -Yang-Mangel (Yang = heiße Energien) ursächlich sein. Häufig liegen dann folgende Symptome vor: Erbrechen von wässrigem oder unverdautem Essen nach den Mahlzeiten mit Appetitverlust, ein fader Mundgeschmack oder sogar ein Verlust des Geschmacksinns, begleitet werden diese Symptome oftmals von einem Spannungsgefühl im Oberbauch, Müdigkeit, Herzstolpern oder erschwertem Atmen. Mit Hilfe gezielter Akupunktur können der Magen und die Milz gestärkt werden, das gegenläufige Magen-Qi abgesenkt und Erbrechen beendet werden. Zweitens kann das Syndrom „Leber attackiert den Magen“ für die Beschwerden verantwortlich sein. Dieses Syndrom kommt gehäuft bei unterdrückten Emotionen, insbesondere Wut vor. Hier kommt es zum Erbrechen saurer, bitterer Flüssigkeit mit Schluckauf oder Aufstoßen. Im Mund findet sich ein bitterer Geschmack. Zusatzsymptome sind nicht selten exzessiver Durst, Spannungsgefühl im Brustkorb und in der Oberbauchregion, Schwindel, Kopfschmerzen und Reizbarkeit. Durch eine geeignete Auswahl von Akupunkturpunkten kann die Leber besänftigt, der Magen harmonisiert, gegenläufiges Magen-Qi abgesenkt und Erbrechen beendet werden. Kopfschmerzen und Schwindel können behandelt und die emotionale Verfassung stabilisiert werden. Als drittes Syndrom kommt eine Schleimretention bei Milz-Qi/-Yang Mangel vor. Typisch ist hier schleimiges Erbrechen mit Abmagerung. Im Mund findet sich oft ein süßer, klebriger Geschmack oder Geschmacksverlust. Durch eine geeignete Auswahl von Akupunkturpunkten wird der Schleim gelöst und ausgeschieden, Milz und Magen werden gestärkt.

Korrektur der Fetuslage

Voraussetzung für die Akupunkturbehandlung dieser Problematik ist eine Fehllage des Fetus in der 29. bis 40. Schwangerschaftswoche. In einer Studie (Raben 1998, Spart et al. 1998) konnte gezeigt werden, dass es durch Moxibustion (Behandlung mit der Beifußkrautzigarre) des Akupunkturpunkts Blase 67 zum rhythmischen  Zusammenziehen der Gebärmutter kommt, was das Ungeborene zu einem Kopfstand veranlasst. Das führte aber in der Regel nicht zur Einleitung von Wehen oder zur vorzeitigen Geburt. Nach Ots, Schulte-Uebbing (Deutsche Zeitschrift für Akupunktur 1/99) zeigt die Wendung des Ungeborenen gegen Ende der 34. Woche die höchste Erfolgschance. Je nach Verfassung der Patientin können weitere Punkte genadelt oder gelasert werden, um den Erfolg zu erhöhen.

EPH-Gestose (E = Ödeme = Wassereinlagerungen, P = Proteinurie= Ausscheidung von Eiweiß im Urin, H = Hypertonus = Bluthochdruck)

Die chinesische Medizin kann hier begleitend zur Schulmedizin angewendet werden (z.B. weniger Medikamente nötig).

schwangerschaftsbedingte Wassereinlagerungen: Aus Sicht der chinesische Medizin führen 2 Syndrome zu dieser Erkrankung: 1.) Milz-Yang-Mangel: Bei diesem Syndrom finden sich die Wassereinlagerungen im Gesicht und an den Armen und Beinen oder am ganzen Körper. Die Haut ist feucht und blass. Die Patientin klagt über Schwindel und ein Schmerzgefühl im Kopf. Im Mund findet sich ein fader, schleimiger Geschmack. Oft wird eine Kraftlosigkeit in den Armen und Beinen gefühlt. Bei schweren Verläufen findet sich Luftnot, wenig Urin und weiche Stühle. Durch eine gezielte Auswahl von Akupunkturpunkten wird die Urinausscheidung gefördert sowie das Milz-Yang gestärkt und erwärmt. 2.) Nieren-Yang-Mangel: Hier finden sich die Wassereinlagerungen vor allem an Armen und Beinen aber auch im Gesicht. Die Haut und der Mundgeschmack sind unauffällig. Im Brustkorb kann es zu Herzstolpern und Luftnot kommen. Manchmal treten Kältegefühle in Armen und Beinen sowie Schwäche und Schmerzen im Rücken auf. Die Patientin fühlt sich matt. Durch die Akupunktur wird das Wasserlassen gefördert, die Nieren erwärmt, das Yang gestärkt, Schmerzen gelindert und die Patientin gekräftigt. –durch Schwangerschaft ausgelöster Bluthochdruck : 1.) Leber- und Nieren-Yin-Mangel: Die Patientin klagt über Kopfschmerzen, Schwindel, Blutdruckerhöhung, leichte Wassereinlagerungen in den Beinen. Die Zunge ist rötlich. 2.) Milz-Qi-Mangel und aufsteigendes Leber-Yang und Schleim: Wassereinlagerungen im Gesicht und/ oder am ganzen Körper, Schwindel, Spannungsgefühl im Brustkorb, Appetitverlust, weiche Stühle, Blutdruckerhöhung, Ausscheidung von Eiweiß mit dem Urin. Auf der Zunge findet sich ein dicker, schmieriger Belag. Sowohl bei Wassereinlagerungen als auch bei Bluthochdruck kann der Patientin ergänzend zur schulmedizinischen  Behandlung mit Akupunktur und Kräutern geholfen werden.

Geburtserleichternde Maßnahmen

Geburtsvorbereitung

In einer Studie von 1998 (Römer, Wiegel, Ziegert, Melchert) konnte durch eine geburtsvorbereitende Akupunktur eine signifikante Verbesserung der Gebärmutterhalsreifung erzielt werden. Bei dem in dieser Studie verwendeten Schema wird ab der 36. Schwangerschaftswoche in einem wöchentlichen Abstand akupunktiert. Die Akupunktur kräftigt die Lebensenergie „Qi“ und das Blut. Sie harmonisiert das Yin (das Kühle, das Ruhige, das Befeuchtende, das Nährende). Sie entspannt Muskeln und Sehnen. Ab der 38. Schwangerschaftswoche werden weitere unterstützende Punkte hinzugenommen. Die Punktauswahl erfolgt nach dem zugrunde liegendem Beschwerdekomplex. Eine weitere Studie von Ziegler et al. konnte 1999 zeigen, dass sich durch eine wöchentliche Akupunktur ab der 36. Schwangerschaftswoche  im Vergleich zur Kontrollgruppe die Eröffnungsperiode signifikant verkürzte und ein geringerer Einsatz von Wehenmitteln notwendig war.

Geburtseinleitung und Schmerzerleichterung unter der Geburt

Die Akupunktur erfolgt hierzu am oder nach dem errechneten Termin. Die Gebärmutter sollte geburtsreif und wehenbereit sein. Die Nadelung erfolgt 1- bis 2-mal am Tag. Die Akupunkturpunkte Dickdarm 4 und Milz/Pankreas 6 erzielen oxytocinähnliche Effekte  (Oxytocin= weheneinleitendes Hormon). Dadurch kommt es zum regelmäßigen Zusammenziehen der Gebärmutter. Bei bestehender Wehenbereitschaft verstärkt der Akupunkturpunkt Blase 67 die Wehen in regelmäßiges Zusammenziehen der Gebärmutter.  Weitere Punkte können je nach Beschwerden der Frau die Situation erleichtern und Linderung verschaffen. Der Akupunkturpunkt Dickdarm 4 kann neben anderen Punkten auch zur Schmerzreduktion eingesetzt werden. Je nach Notwendigkeit können weitere schmerzerleichternde, entspannende oder psychisch beruhigende Punkte verwendet werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die chinesische Medizin mit der Akupunktur, der Kräutertherapie und der chinesischen Ernährungsberatung eine wertvolle Unterstützung für die Frauen in der Schwangerschaft und unter der Geburt sein kann. Und wenn es der Mutter gut geht, geht es in der Regel auch dem Kind gut.

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